Werkstatt Zukunft Aktuelle Links Werkstatt Zukunft bei Facebook Werkstatt Zukunft bei Instagram Werkstatt Zukunft bei YouTube Werkstatt Zukunft
Werkstatt Zukunft

THEMEN > FRIEDEN – GERECHTIGKEIT – EINE WELT

Rassismuskritische Medizin – Rassismus im Gesundheitswesen

Workshoptag am 29.10.2022

Bild

Interprofessioneller Workshop zu Rassismus in der Gesundheitsversorgung mit Shreyasi Bhattacharya und Mai Ahmed

Professionalität und Alltagsrassismus – wie passt das zusammen? Gar nicht.

Obwohl die Gesundheitsversorgung denjenigen Menschen, die als Patient:in in eine Praxis oder ein Krankenhaus kommen, Sicherheit und ein Gefühl des Aufgehobenseins vermitteln soll, sind die Erfahrungen vieler ganz anders. Bei einer Umfrage in Großbritannien unter 3.500 schwarzen Frauen, die schwanger waren und Kinder im Krankenhaus zur Welt brachten, berichteten 42 Prozent von Rassismus im Zusammenhang mit ihrer Behandlung.

Beim Afrozensus 2020, der größten jemals durchgeführten Befragung unter Schwarzen, afrikanischen und afrodiasporischen Menschen in Deutschland, gaben zwei Drittel der Befragten zu Anti-Schwarzem Rassismus an, ihre Ärzt:in nehme ihre Beschwerden nicht ernst. Mit fatalen Folgen: Viele Menschen verzichten in Anbetracht solcher Erfahrungen auf ärztliche Versorgung. Vor dem Hintergrund des ärztlichen und pflegerischen Berufsethos ist das eine Entwicklung, die es unbedingt zu verhindern gilt.

Aber nicht nur Patient:innen, die aufgrund von z.B. Aussehen, Herkunft, Religion, Sprache oder ihres Namens als anders gelesen werden, sind in der Gesundheitsversorgung von Rassismus betroffen. Auch Gesundheitspersonal sieht sich mit Rassismus in der Arbeit mit Patient:innen oder Kolleg:innen konfrontiert. Pflegende sind dem besonders ausgesetzt.

Bild

Für die Welt gilt: Die globale Gesundheitsarchitektur ist geprägt von Zersplitterung und Ungleichheiten. Zersplitterung herrscht auf der institutionellen Ebene ebenso wie mit Blick auf Ziele und Grundsätze, die die politischen Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse von „globaler Gesundheit“ anleiten sollten.

Aktuell erscheinen die meisten Krankheiten technisch bekämpfbar und „Gesundheit für alle“ machbar, doch herrschen nach wie vor große Gefälle im Zugang zu Gesundheitssystemen und auseinanderdriftende Gesundheitssituationen vor: Sie sind mehr denn je Ausdruck von struktureller Ungleichheit.

Weil ein multikultureller Alltag weder in der Pflegeausbildung noch im Medizinstudium abgebildet ist, haben Auszubildende für Pflegefachberufe des Pius Hospital Oldenburg und Kritische Mediziner:innen der Uni Oldenburg zwei Referentinnen eingeladen, die sich u.a. für rassismuskritische Räume einsetzen und über Diskriminierungsrisiken und Diskriminierungsschutz im Gesundheitswesen aufklären:

Die Botschaft von Mai Ahmed und Shreyasi Bhattacharya an die Teilnehmenden des Workshops ist klar: Bestimmt mein Aussehen die Qualität meiner medizinischen Behandlung? Eindeutige Antwort: ja. Dies muss sich ändern. Mediziner:innen und Pflegefachkräfte müssen in der Lage sein, sich zu fragen, treffe ich gerade eine klinische Entscheidung mit einem (un-) bewussten rassistischen Vorurteil? Auch an diesem Punkt versagt die Gesundheitspolitik in Deutschland. Es fehlt an Zeit, die die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen im Umgang mit Patient:innen benötigen, Zeit, die sie brauchen für Beobachtungen und kollegialen Austausch, Zeit für Fortbildungen, Zeit auch für Verantwortliche.

Bild

Shreyasi Bhattacharya mahnte an, dass ein Universalgelehrter wie Rudolf Virchow für die Berliner Charité nach wie vor eine „wichtige und prägende Identifikationsfigur“ ist, trotz seiner Überheblichkeit und dem rassistischen Gehalt seines Tuns (u.a. Untersuchungen an Völkerschauteilnehmer:innen). Erinnert sei an dieser Stelle auch an Robert Koch, den Namensgeber der zentralen Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und Krankheitsprävention. Koch ist durch seine Versuche an Menschen in Afrika zur Schlafkrankheit verantwortlich für unzählige Tote. Mai Ahmed und Shreyasi Bhattacharya sprechen sich für mehr Diversität im Gesundheitswesen aus. Eine kolonialgeschichtliche Aufklärung wäre dabei hilfreich.

Der von Studierenden und Auszubildenden gemeinsam konzipierte Workshop schloss ein Lücke. Das Thema bleibt wichtig und bedarf der weiteren Ausarbeitung, weil in Deutschland immer mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft behandelt werden müssen und weil Ärzt:innen und Pflegende, die hier ausgebildet werden, in aller Welt im Einsatz sind. Studierende und Auszubildende, die aus dem globalen Süden zur Aus- und Fortbildung nach Deutschland kommen, sollten mit dem nötigen Fachwissen in ihre Herkunftsländer zurückgehen können. Nicht zuletzt sollte ein globaler Blick auf Gesundheit ein selbstverständlicher Beitrag zu Chancengerechtigkeit in Bezug auf Gesundheit und Wohlergehen weltweit sein.

Alle Workshoptage im Überblick

Für eine detailierte Ankündigung klicke auf den jeweiligen Termin!

Bild Gesamtübersicht
Klicke hier, um zur Gesamtübersicht zurückzukehren 

Bild28.09.2022
Praxis ohne Grenzen, Hamburg - Besuch
Während eines Besuchs in Hamburg durften wir Ärzt*innen und Patient*innen der Praxis ohne Grenzen interviewen und mehr über die ehrenamtliche Arbeit der Klinik und das Leben der Patient*innen erfahren | mehr

Bild17.10.2022
Kapitalismus im Gesundheitswesen - Workshop und Öffentliche Podiumsdiskussion.
In welche Richtung bewegt sich das Gesundheitswesen? Was sagen die Gewerkschaften und Berufsverbände? Um im globalisierten Markt wirtschaftlich zu handeln, muss alles effizienter werden. Ist dies auch im Gesundheitswesen der Fall? Welche Auswirkungen haben unsere lokalen Entscheidungen auf den globalen Süden und in welcher Form wird dieser in den Gewerkschaften bedacht? | mehr

Bild18.10.2022
Rekrutierung interationaler Pflegekräfte - Workshoptag
Nicht erst seit der Covid-Pandemie haben wir einen immer größer werdenden Pflegemangel. Doch wie können wir ihm adäquat begegnen? Wie wirkt sich die Rekrutierung auf die Länder des globalen Südens aus, aus denen rekrutiert wird? Für und Wider werden diskutiert | mehr

Bild29.10.2022
Rassismus im Gesundheitswesen - Workshoptag
Rassismus gehört zum Alltag von rassifizierten Menschen im deutschen Gesundheitswesen. Wie können wir Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus in der Medizin schaffen? Wie begegnen Menschen aus dem globalen Süden Rassismus in Deutschland? | mehr

Bild12.11.2022, 16:30 Uhr
Globale Frauengesundheit – Flucht und FGM/C - Workshop und öffetliche Podiumsdiskussion
Das Thema des Tages ist zweigeteilt: Wie mag es Frauen gehen, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten, weil ihre Sexualität nicht anerkannt wurde oder weil sie als Sexsklavinnen verkauft wurden? Wie konnte ihnen in Deutschland geholfen werden? Das zweite Thema handelt von FGM: Aktivist*innen hier in Deutschland und im globalen Süden erzählen von ihrem Kampf gegen diese grausame Tat | mehr

Organisation des Projektes

Werkstatt Zukunft in Kooperation mit...

Bild

... den Kritischen Mediziner*innen Oldenburg... | Website

Bild

... und Auszubildende der Schule für Pflegefachberufe am Pius Hospital in Oldenburg | Website

Förderer unserer Projekte zu Sozialer Gerechtigkeit

Bild

Gefördert durch Engagement Global...  | Website

Bild

...mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Bild

...und durch die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung  | Website

Bild

Werkstatt Zukunft in Kooperation mit den Kritischen Mediziner*innen Oldenburg, der Pflegeschule des Pius Hospitals, sowie mit Oldenburg eins und weiteren Bürgersendern.


Nach oben