TV-SENDUNG • WZ > MÄRZ 2023
So rassistisch ist die Klimakrise
Die IGS Wilhelmshaven fragt nach Kolonialen Kontinuitäten
Hier finden Sie die Sendung unabhängig vom Sendetermin auf unserem YouTube-Kanal. Der Link führt zu YouTube und dort zum Video. Aus Gründen des Datenschutzes binden wir Videos nicht direkt auf der Seite ein.
Aufnahme: Do 23. März 2023, 9.45 Uhr – IGS Wilhemshaven, Friedenstraße 105-111 – Wilhelmshaven
Sendetermin: Mi 17. Mai 2023, 17.30 Uhr – Oldenburg eins
Wiederholungen werden in den Programmankündigungen der Sender bekanntgegeben.
Wo zeigen sich koloniale Kontinuitäten in der Klimapolitik?
Mit Kolonialen Konstinuitäten in der Klimakrise und in der Klimapolitik haben sich Schüler:innen der IGS Wilhelmshaven in Kooperation mit Werkstatt Zukunft, dem Afrika-Netzwerk Bremen und weiteren Partner:innen an mehreren Projekttagen intensiv beschäftigt und dazu eine vielseitige TV-Sendung auf die Bühne ihrer Schule gebracht.
Die Klimakatastrophe trifft Schwarze, Indigene und People of Color (BIPoC) am härtesten. Koloniale Kontinuitäten ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Wirtschaftliche Interessen geprägt mit kolonialer Ideologie verhindern eine gerechte Verteilung der Ressourcen und den damit verbundenen Lebensqualitäten im sogenannten Globalen Süden.
Gesprächspartner:innen der Sendung
Hier stellen wir unsere Gesprächspartner:innen vor, die im Interview vorab oder bei der Aufzeichnung der Sendung in der Aula der Schule dabei waren.
- Minerve Amaeze, Schülerin 11. Jahrgang, Neues Gymnasium Wilhelmshaven,
- Dr. Knut Engeler, Schulleiter IGS Wilhelmshaven,
- Virginie Kamche, Afrika-Netzwerk Bremen,
- Wilma Nyari, deKOL Nordwest,
- Michael Steinert, Küstenmuseum Wilhelmshaven,
- Diana Thiam, Unternehmerin aus Wilhelmshaven,
- Jean Philippe Zack Zong aus Kamerun studiert Architektur in Oldenburg.
Mit dabei ist auch die Schulband, die „Hubbabubba Bluesboys“.
Bericht der Wilhelmshavener Zeitung
Bevor wir über die Projekttage berichten, hier der Bericht der Zeitung über die Aufzeichnung, veröffentlicht am 5. April 2023 (für große Ansicht anklicken).
Bericht über die Projekttage
Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit zu den Themen Kolonialismus und (Alltags-) Rassismus
In der "Rassismusfreien Schule" IGS Wilhelmshaven erarbeiten sich 15 Schüler:innen des 9. Und 10. Jahrgangs, dass die Klimakatastrophe ein Gerechtigkeitskonflikt mit kolonialem Ursprung ist. Zum Beispiel: Weißt du, dass europäische und weiße Erzählungen über die Verantwortung und Ursachen für die Klimakatastrophe, für die Rolle des Wirtschaftssystems und für historische Tatsachen aus einer einseitigen Perspektive erzählt werden?
Der Museumspädagoge Michael Steinert vom Küstenmuseum beschreibt, was Dekolonialisierung in Wilhelmshaven bedeuten könnte: Alles infrage stellen. Fotos von Barthel Pester.
Erster Projekttag
Wilma Nyari, Aktivistin und Gründerin vom „Runden Tisch Dekolonialisierung Wilhelmshaven“, hat dieses Projekt zu kolonialen Kontinuitäten über deKOL Netzwerk Nordwest und das Afrika-Netzwerk Bremen (ANB) in die IGS Wilhelmshaven regelrecht gelotst. „Wir sollten eigentlich nicht mehr in Kategorien denken, sondern als Menschen gelesen werden. Da müssen wir hin“, sagt Wilma Nyari energisch zu den Schüler:innen. Sie weiß aus eigener Erfahrung, wovon sie spricht. Der Nachname ist ungarisch, die Mutter hat die Nazi-Zeit im Versteck verbringen müssen, weil Romni.
In Friedberg bei Frankfurt/M., da ist sie in einer Zeit aufgewachsen, als es in Deutschland reichte, ein Schwarzes Kind zu sein, um ins Heim zu kommen. Wilma Nyari erklärt u.a. auch, dass es viele Formen der Geschichtsschreibung gibt. Es kommt eben auf die Perspektive an. Was empfinden wohl südamerikanische Indigene, wenn sie auf Christoph Kolumbus angesprochen werden, DEN aus eurozentristischer Perspektive Entdecker Amerikas.
Die Eine Welt-Promotorin Virginie Kamche, Bremerin des Jahres 2023, schildert eindrücklich, wie Ankommen in Europa zumeist ist: alleine sein und einsam fühlen.
Virginie Kamche, Eine Welt-Promotorin des ANB, bringt die Perspektive des Globalen Südens ein. Aktuell ist die gebürtige Kamerunerin zur Bremer Frau des Jahres 2023 gekürt worden für ihr jahrelanges Engagement um eine Geschichtschreibung mit den Augen schwarzer Menschen. Warum hat sich beispielsweise der Begriff Migrationshintergrund unwidersprochen durchgesetzt und nicht Migrationsvordergrund? Ist der Gastarbeiter tatsächlich ein arbeitender Gast?
Virginie Kamche stellt den Schüler:innen u.a. die Aufgabe zu erarbeiten, welche Begriffe sich für das Wort Migration auch noch eignen könnten, warum gibt es Migration oder inwiefern ist Migration eine Bereicherung für die sog. „Mehrheitsgesellschaft“.
Reaktionen der Schüler:innen auf deutsche Kolonialgeschichte.
Und dann geht es an diesem Tag auch noch um die Kulisse Wilhelmshavens, die als ein Freilichtmuseum des Imperialismus durchgehen könnte. Der Museumspädagoge Michael Steinert vom Küstenmuseum erzählt in sehr lebendigen Bildern von Wilhelmshavens Last der Vergangenheit, seinem kolonialen Alptraum. Damals als Kriegshaven angelegt. 14.000 Menschen starben bei seinem Bau. Noch 2015 hat die Stadt ein Bismark-Denkmal errichtet. Es scheint nicht so, als ob sich die Stadt ihrer militaristischen Geschichte schäme. Auch daraus spricht eine gewisse Planlosigkeit und auch Unvermögen mit dem eigenen historischen Erbe umzugehen.
Zweiter Projekttag: white supremacy - weiße Vorherrschaft
Rassismus ist jegliche Vorstellung, die eine bestimmte ethnische Gruppe als einer anderen ethnischen Gruppe unterlegen oder überlegen betrachtet. Auf der einen Seite stehen die Opfer von Rassismus, die es satt haben, ihr Leben lang Aufklärungsarbeit leisten zu müssen, auf der anderen Seite diejenigen Mitglieder der weißen Mehrheitsgesellschaft, die nicht begreifen können oder wollen, dass die Gesellschaft ein Rassismusproblem hat.
Der Architekturstudent Jean Philippe Zock Zang aus Kamerun studiert an Jade Hochschule Oldenburg und ist verwundert darüber, dass er der einzige schwarze Studierende in seinem Semester ist. Er erlebt Ausgrenzung u.a. dadurch, dass ihm die Hochschule keine sprachliche Unterstützung anbiete, sagt er. Seine Komilliton:innen, und nicht nur diese, hätten ein völlig falsches Bild von Afrika: „Ihnen fallen zunächst Tiere ein, Safaris und dann, dass Afrika Hilfe benötige.“ >
Jean Philippe Zock Zang aus Kamerun erinnert an zwölf Millionen versklavte Menschen, die die Kolonialmächte geraubt und zu ihrem Privateigentum gemacht haben.
Abwertung und strukturelle Ausgrenzung von Schwarzen ist ein Problem, das auf der ganzen Welt existiert, in asiatischen und arabischen Ländern genauso wie in Europa. Noch einmal Wilma Nyari: „Es geht darum, deutlich zu machen, dass Rassismuserfahrungen sich durchaus unterscheiden können. Menschen mit Migrationsgeschichte sind höchstens abstrakt eine Gruppe mit ähnlichen Erfahrungen. Ein schwarzer Mann, eine türkischstämmige und eine asiatischstämmige Frau machen möglicherweise alle gleichermaßen rassistische Erfahrungen. Im Detail unterscheiden sich diese allerdings enorm.“
Jean Philippe Zock Zang erinnert an Rudolf Duala Manga Bell, der von der deutschen Kolonialmacht hingerichtet wurde.
Aufzeichnung der Sendung
Am 23.03.2023 laden die 15 Schüler:innen öffentlich dazu ein, dabei zu sein, wenn sie in der Aula der IGS Wilhelmshaven ab 09:45 Uhr ihre Arbeitsergebnisse vorstellen. Interviews werden geführt mit der Schülerin Minerve Ameeze über ihre schmerzhaften Erfahrungen mit Alltagsrassismus in Wilhelmshaven, Schulleiter Dr. Knut Engeler dazu, warum dieses Projekt stattfindet und die Bremerin des Jahres 2023, Virginie Kamche, stellt sich den Fragen, wie wirtschaftliche Interessen geprägt mit kolonialer Ideologie eine gerechte Verteilung der Ressourcen verhindern und den damit verbundenen Lebensqualitäten im sogenannten Globalen Süden. Live-Musik kommt von den Hubbabubba Bluesboys.
Die Sendereihe
Werkstatt Zukunft produziert monatlich eine TV-Sendereihe, die bei Oldenburg eins und bei weiteren Bürgersendern ausgestrahlt wird. Über unsere Website und unseren YouTube-Kanal sind unsere Videos zeitlich und räumlich unbegrenzt zu sehen.
Kooperationspartner:innen und Förderer
Ein Projekt in Kooperation mit der IGS Wilhelmshaven, sowie mit
Afrika-Netzwerk Bremen e.V.
...und mit deKOL Netzwerk Nordwest. Vielen Dank!
Förderer
Das Afrika-Netzwerk Bremen e.V. wird für dieses Projekt gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.
Werkstatt Zukunft in Kooperation mit der IGS Wilhelmshaven, dem Afrika Netzwerk Bremen e.V., deKOL Nordwest und mit Oldenburg eins und weiteren Bürgersendern.