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THEMEN > UMWELT – NACHHALTIGKEIT – KLIMASCHUTZ

Wie W.I.M. in Schillig MikroPlastik suchte

Weniger ist machbar (WIM)

Ein Bericht von Roland Ernst und Inge Kuper

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Das Alfred-Wegener-Institut rief Bürger*innen und Wissenschaftler*innen dazu auf, an einer Studie teilzunehmen, in der an deutschen Meeresstränden Mikroplastik aufgespürt wird. W.I.M hat sich daran beteiligt und berichtet von ihrer Mikroplastiksuche.

W.I.M. und die Mikroplastiksuche

Bei der ersten großen W.I.M.-Aktion vor drei Jahren drehte sich alles ums Plastik-Vermeiden. Obwohl wir inzwischen weiter aufgestellt sind kam uns die Einladung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) gerade recht, als sog. Bürger-Wissenschaftler/innen an einer Studie teilzunehmen, Mikroplastik an den deutschen Meeres-Stränden von der holländischen bis zur polnischen Grenze aufzuspüren. Schnell fand sich mit Inge, die die Organisation übernahm, Traute, Karin, Angelika und Roland ein unerschrockenes Team: wir hatten alle keine Ahnung, was da auf uns zukam | AWI

Mit dem uns geografisch nahesten Sandstrand in Dangast wollten wir anfangen. Zur Sicherheit haben wir uns vorher einmal in Bokel bei Inge getroffen, um die drei großen Kartons mit Equipment vom AWI auf Vollständigkeit zu untersuchen. Und siehe da: es gab zwar 54 Blechdosen, die auf ihre Befüllung mit Sand warteten, aber alles andere fehlte. Keine Schaufeln, keine Maßbänder, Heringe, Stifte, Besen, Tapes – die wurden dann eine Woche später nachgeliefert. Gut, daß uns das nicht erst am Strand aufgefallen ist.

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Roland ist dann aber doch etwas unsicher geworden, WO GENAU in Dangast wir denn unsere Station aufbauen wollten. Kurz entschlossen ist er mit Angelika die in Frage kommenden Strände abgefahren. Im Norden am Campingplatz 200 m voller Strandkörbe mit Gästen, die sich die letzte Sommersonne gönnten. Der andere kleine Strand vor dem Kurhaus schien geeigneter. Ob man da einfach absperren, losbuddeln und Sand (ca. 100 kg) mitnehmen darf? Wen fragen?

Der Fischbudenmann verwies auf den Schleusenwärter („Helmut kennt sich aus.“) Helmut holten wir aus seiner Werkstatt, dennoch erklärte er uns sehr freundlich, daß die Strände in Dangast regelmäßig mit Sand aus einer Grube „bei Oldenburg“ aufgefüllt werden. Fehlanzeige zur aussagefähigen Suche von Mikroplastik also. Schulterzucken auf die Frage, wo es denn den nächsten naturbelassenen Strand gibt: „Vielleicht in Hooksiel? In Horumersiel? In Schillig? Viel Glück!“

Zwei Tage später mußte ich also noch mehr Mikroplastik durch Reifenabrieb erzeugen und habe mein Fahrrad in Hooksiel abgeladen. Nach 40 Fahrrad-Kilometern und vielen sehr unterhaltsamen Kontakten mit Eingeborenen, Schleusenwärtern, FKK-Strand-Nutzern und Campingplatz-Schranken-Bewachern war dann der einzige Strandabschnitt am ganzen Jadebusen ausgemacht, der aus nicht regelmäßig aufgeschüttetem Sand aus Binnenland-Sandkuhlen stammt. Der Hundestrand in Schillig! Hoffentlich werden die Befunde nicht durch zu viel Mikroplastik im Schappi verfälscht.

Wie kommt man aber mit unseren Kisten dahin? Es gibt keinen Zuweg an den Strand. Nächster Parkplatz für Autos in 500m und wir haben zu schleppen, zumindest auf dem Rückweg. Und Sand darf man da ja auch nicht einfach ausbuddeln - da könnte ja jeder kommen. "Haben Sie denn was schriftlich?" fragt die Dame bei der Gemeinde Wangerland, an die mich das Amt für Touristik verwiesen hat.

Nach 4 Telefonaten: Touristik Wangerland (3mal weiterverbunden, die zuständige (?) Dame ist aber in Urlaub. Campingplatz Schillig: "Rufen Sie mal bei der Verwaltung an" "Wen denn?" "??". Forschungsstation Wattenmeer - Abteilung Öffentlichkeitsarbeit - 2mal verbunden. Sind alle sehr freundlich und hören sich mein Anliegen an. Den Heimweg trete ich unverrichteter Dinge wieder an: die Natur wird gut verwaltet bei uns!

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Zwei Tage später möchte ein freundlicher Mitarbeiter der Gemeinde meine Autonummer und die Anzahl der Teilnehmer („wegen der Kurtaxe“) wissen und entlässt mich mit einem fröhlichen „Ich mach das schon“. Wenn ich das beruflich zu machen hätte, würde ich abdrehen, aber als frischluftbedürftiger Rentner kann ich dem Treiben auch was abgewinnen.

Und als wir uns dann mit dem Auto voller Skepsis der ersten Schranke nähern, hebt die sich tatsächlich wie von Geisterhand: „Wir haben hier automatische Kennzeichenerfassung – da sind Sie schon seit einer Woche drin. Und dahinten wartet Frau XYZ auf Sie an der Kasse, da dürfen Sie ohne zu bezahlen durch.“ „Und wo dürfen wir dann unser Auto -möglichst nah am Strand- parken?“ „Am Hochzeitszelt“ Nach einer etwas abenteuerliche Anfahrt durch die Dünen unter den misstrauischen Augen von gestörten Badegästen packen wir unsere Kisten auf den Bollerwagen.

Es folgen fast drei Stunden Ausmessen des Strandabschnittes auf 225 m Länge und 30 m Breite, Festlegen der 40 Entnahmepunkte und Beschriften und Befüllen der 40 Blechdosen – zusammen über 100 kg. Das merken wir, als wir unseren Schatz unter den neugierigen Blicken der Strandspaziergänger über die Dünen wuchten. Wir belohnen uns stolz mit einem Gläschen Sekt und treten in der untergehenden Sonne den Heimweg an.

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„Sollen wir Dir denn nicht beim Packen der Pakete für das AWI helfen?“ fragen wir nach dem Ausladen bei Inge in ihrem schon dämmrigen Garten. Die beste Frage des Tages, denn das dicke Ende stand uns noch bevor. Die 40 pingelig beschrifteten Dosen mussten ja für das Versenden in die Kartons gepackt werden, mit denen sie auch geliefert worden waren. Der erste wog 38 kg und zerlegte sich vollkommen beim Anheben.

Um es kurz zu machen: ein müdes frierendes Quartett hat im Halbdunkel alle Dosen in neue Kartons umgepackt, sie wie Mumien zigfach mit Tape umwickelt – und so warten sie jetzt auf den Abtransport zum AWI nach Bremerhaven.

Aber das ging schnell, hätten wir auch Paketbriefmarken vom AWI bekommen, so waren wir uns dennoch nicht sicher, ob die Kartons von der Post angenommen wären und ob sie die Reise überlebt hätten. Also ein eigener Transport musste her. Susanne hatte Besuch aus Lokstedt im Kreishaus, die würden wohl mitnehmen, aber denn hätten sie zu Behörden- Öffnungszeiten erst nach Westerstede gebracht werden müssen.

Also wurde der nächste Sonntag mit einem Ausflug zum Handelshafen nach Bremerhaven verbunden. Das AWI ist 24/7 auf, die Pförtner kennen Herrn Walther und es hat gut geklappt. Im Postraum auf einer Palette stehen nun all die beschrifteten, mit jeweils dem Probenprotokoll (wo genau - GPS Daten- wurde von wem - WIM Gruppe mit Namen- wie beprobt und Zeichnung dazu) bestückten schweren Pakete, zur Abholung bereit.

Bald werden sie dann aufbereitet einem Elektrospektrometer zugeführt und nach Mikroplastikanteilen untersucht. In der Weltkarte des AWI kommt unser Probenstandort als kleiner Punkt dargestellt dazu. Wer W.I.M. ist und wofür sie stehen, kann man auf ihrer Website erfahren | W.I.M.

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