TV-SENDUNG • WZ > Juni 2025
Vom Reichtum des globalen Südens
Globale Gerechtigkeit II – Die IGS Wilhelmshaven fragt nach Ausbeutung und Raub von Ressourcen
Hier finden Sie die Sendung unabhängig vom Sendetermin auf unserem YouTube-Kanal. Der Link führt zu YouTube und dort zum Video. Aus Gründen des Datenschutzes binden wir Videos nicht direkt auf der Seite ein.
Öffentliche Schul-Veranstaltung mit TV‑Aufzeichnung: Di 24. Juni 2025, 8.30 Uhr – IGS Wilhelmshaven, Friedenstraße 105-111 – Wilhelmshaven
Sendetermin bei Oldenburg eins steht noch nicht fest
Thema und Gäste
Wie oft sprechen wir von „den armen Ländern“ des globalen Südens? Zu recht? Eher nicht, denn der globale Süden ist nicht nur reich an Bodenschätzen und anderen Ressourcen, sondern auch an einer unglaublichen Vielfalt von Kulturen, Sprachen, Völkern und Traditionen.
Mit dem 8. Jahrgang der IGS Wilhelmshaven wagen wir einen Blick auf diese Vielfalt, auf diesen Reichtum. Und stellen die Frage, wie Entwicklungszusammenarbeit diese fördern kann, wie die Menschen, die dort leben, von diesem Reichtum selber profitieren können. Nachhaltige Transformation der globalen Wirtschaft bedeutet auch, dass nicht der ohnehin reiche Norden sich an diesen Schätzen weiter bereichert, wie das seit der Kolonialzeit nur zu oft geschehen ist, sondern durch faire Handelbeziehungen auskömmliche Lebensverhältnisse für alle Menschen möglich werden.
Werkstatt Zukunft hat zu den Workshoptagen mit dem 8. Jahrgang Gäste aus einer Reihe von Ländern des globalen Südens eingeladen, mit denen die Schüler:innen diese Themen erarbeitet und in mehreren Videos dokumentiert haben – siehe unten.
Gesprächspartnerinnen der Aufzeichnung in der Aula der IGS Wilhelmshaven sind
- Stefanie Eilers vom Netzwerk Energiedrehscheibe Wilhelmshaven,
- Prof. Dr. Rebecca Hartje, Entwicklungsökonomin an der Jade Hochschule Wilhelmshaven und
- Rita Taphorn, als Friedensfachkraft für UN WOMEN in den Pazifikstaaten und in vielen weiteren Ländern im Einsatz.
Diese drei spannenden Interviewgäste eint unter anderem, dass sie unterschiedliche Perspektiven auf die Fragen globaler Gerechtigkeit einbringen. Rita hat in ihrer Tätigkeit als Friedensfachkraft mehr als 20 Länder dieses Planeten kennengelernt. Rebecca hat im Rahmen ihrer Promotion im ländlichen Raum in Laos, Kambodscha und Vietnam Daten erhoben und Stefanie schaut auf die Energiegewinnung in Gebieten, die ureigenst von indigenen Völkern bewohnt wurden und werden.
Kein Mensch spricht afrikanisch – Workshoptage mit dem 8. Jahrgang
Es ist ein Klischee, leider, das sich in der Gruppe des 8. Jahrgangs in der IGS Wilhelmshaven fortgesetzt hat: Egal in welchen Gruppen das Thema Globale Gerechtigkeit besprochen wird, der Kontinent Afrika fällt als einer der ersten Begriffe im Zusammenhang mit dem Begriff der Armut.
Doch worauf bezieht sich Armut? Genau: arm an Rohstoffen? Sicherlich nicht. Arm an Vielfalt? Angesichts von 54 Ländern auch eher nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Dieser Kontinent ist reich. Mehr als eine Milliarde Menschen sprechen mehr als 2.000 Sprachen (deswegen: Kein Mensch spricht afrikanisch). Kulturelle Vielfalt ohne Ende. Mehrheitlich die jüngsten Menschen leben in Afrika. Der Kontinent verzeichnet ein stabiles wirtschaftliches Wachstum, die Digitalisierung schreitet voran und die Startup-Szene wächst rasant.
„Globale Gerechtigkeit durch nachhaltige Transformation“ ist das Thema von Werkstatt Zukunft in diesem 8. Jahrgang. In einem ersten Gespräch mit den jungen Menschen ist einer der ersten von ihnen ausgesprochenen Beiträge: Die Welt, in der wir leben, ist nicht gerecht. So jung und schon alles verstanden. Vielleicht ist die Aussage oder Behauptung, die Welt sei nicht gerecht, eine der am wenigsten strittigsten im politischen Kontext überhaupt.
Zwei intensive Workshoptage eröffnen den Schüler:innen einen weiten Blick auf Afrika, aber auch auf die Pazifikstaaten und beispielhaft auf ein asiatisches Land, auf Nepal, das die meisten Menschen in Europa nur mit dem Himalaya in Verbindung bringen. Anschließend bereiten sie sich gewissenhaft auf die Moderation „ihrer“ TV-Sendung vor, in der sie auch anderen einen Blick auf die Vielfalt unserer Welt eröffnen.
Erster Workshoptag
UN WOMEN in den Pazifikstaaten
UN Women engagiert sich für die Gleichstellung der Geschlechter, für Frauenrechte, für die Beendigung der Gewalt gegen Frauen und für die Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von Frauen. Die Friedensfachkraft Rita Taphorn hat in leitender Funktion in den Pazifikstaaten fünf Jahre lang an einem Programm der Vereinten Nationen (UN WOMEN) mitgewirkt, dass lokale Lebensmittelmärkte im Fokus hatte und bis heute hat.
Frauen sollen sicher mit ihren Produkten zu einem solchen Markt kommen können, ihre Waren sicher verkaufen, das verdiente Bargeld am Ende des Markttages bei einer Bank einzahlen und unversehrt nach Hause zurückkehren. „So werden ein paar hundert Frauen in ihrer Selbstständigkeit gestärkt“, erklärt Rita Taphorn. Das Projekt der Vereinten Nationen zugunsten von Frauen und Mädchen trägt den Titel „Entwicklungskooperation“.
Rita steht als Gesprächspartnerin für die Aufzeichnung der TV-Sendung zur Verfügung.
Handel ohne Umwege – Kenia
Online-Gespräch mit Mary Wamburi in Berlin: Mary Wamburi ist in eine „Kaffee-Familie“ hineingeboren. Seit ein paar Jahren vertreibt sie von Berlin aus den familiären Boonie Kaffee im direkten Handel, also ohne Zwischenhandel. Geröstet wird der Kaffee in Berlin, um „dem deutschen Geschmack besser begegnen“ zu können. Etwa 100 Beschäftigte leben in Kenia von Boonie Kaffee.
Zwei Euro in der Stunde werden gezahlt. Zwei Euro Stundenlohn sollen laut Mary in Kenia „auskömmlich sein“. Von ihren Umsätzen spendet die Familie Hygieneartikel für Mädchen, damit diese zur Schule gehen können. Zum Thema Kinderarbeit befragt, hat Mary eine klare Haltung: Für sie ist Kinderarbeit eher normal, denn Kinder müssen zum Lebensunterhalt der Familie ihren Teil beitragen.
Rita Taphorn und die Schüler:innen des 8. Jahrgangs im Gespräch mit Mary Wamburi (Kenia), die aus Berlin zugeschaftet ist.
Zweiter Workshoptag – Nepal, Togo, Kamerun
Kumar Ashish aus Nepal, Jan Fomboh aus Kamerun und Pita Hermann Katchao aus Togo sind die Referenten am zweiten Workshoptag im 8. Jahrgang. Aus allen drei Ländern ist wenig bis nichts bekannt. Woher auch? Die Ökonomie der Aufmerksamkeit spielt eher nicht in diesen drei Ländern. Was schade ist, denn ein höherer Wissensstand lohnt ungemein. Ein (sehr) kurzer Überblick:
Nepal, regelrecht eingepfercht zwischen China und Indien, ist mit 30 Millionen Einwohner:innen und über 100 verschiedenen Volksgruppen am ehesten durch das Himalaya-Gebirge bekannt. Bis 2008 war Nepal eine Monarchie. Bis 2006 war der Hinduismus Staatsreligion.
Nepal – Mehr als der Himalaya. Kumar Ashish aus Nepal zu Gast in der IGS Wilhelmshaven. Kumar fordert, dass die Wertschöpfung im Land stattfinden muss. Er gibt das Beispiel der Yakwolle, die in die USA exportiert wird, anstatt dass sie im Land verarbeitet und verkauft wird. | Video
Togo in Westafrika und Kamerun in Zentralafrika sind ehemalige deutsche Kolonien (1884 – 1916). Beide Länder werden autoritär regiert. In Kamerun wird der 92jährige Präsident, der das Land seit 1982 regiert, im kommenden Herbst erneut kandidieren. In Togo orientiert sich der Präsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte aktuell an Russland. In Kamerun schwelt die „anglophone Krise“ zwischen dem frankophonen Zentralstaat und den kleineren anglophonen Landesteilen seit der Abschaffung des Föderalismus in den 1970er Jahren und eskalierte 2017 in bewaffnete Auseinandersetzungen.
Togo – Westafrika im Blick. Pita Hermann Katchao berichtet in der IGS Wilhelmshaven über die ehemals deutsche, später französische Kolonie. „Nicht alle Finger sind gleich. Der Norden entlässt uns nicht in unsere Selbständigkeit. Warum müssen wir in Togo französisch sprechen?“ | Video
Kamerun – Die Kolonialzeit wirkt nach. Jan Fomboh aus Kamerun berichtet in der IGS Wilhelmshaven. Dort schwelt die „anglophone Krise“ zwischen dem frankophonen Zentralstaat und den kleineren anglophonen Landesteilen und eskalierte 2017 in bewaffnete Auseinandersetzungen. | Video
Der Löwe isst nur dann, wenn er hungrig ist
Schöne Einstiegsfrage an die drei: Was denken die Menschen aus dem Süden über die Menschen im Norden? Kumar: „Sie sind hierarchisch strukturiert und nehmen es hin.“ Jan: „Der Löwe isst nur dann, wenn er hungrig ist. Sprich Menschen im Norden sind gierig.“ Pita: „Nicht alle Finger sind gleich. Der Norden entlässt uns nicht in unsere Selbständigkeit. Warum müssen wir in Togo französisch sprechen?“
Kumar fordert sehr deutlich, dass die Wertschöpfung im Land stattfinden muss. Er gibt das Beispiel der Yakwolle, die in die USA exportiert wird, anstatt dass sie im Land verarbeitet und verkauft wird.
Pita nennt drei Beispiele, durch die der Welthandel ein (klein) wenig gerechter wird: Sonmonco in der Elfenbeinküste; direkter Handel mit Chashewnüssen von Kleinbauern nach Bremen. Fairafric in Ghana: Bio-Schokolade, die in Ghana angebaut, geerntet und verarbeitet wird. Und Pita selber hat das Ausbildungszentrum „Stadtmusikanten“ in Kara (Togo) mit gegründet. Die Lehrgänge sollen berufliche Perspektiven für junge Menschen schaffen, Landwirtschaftstraining für Kleinbäuer:innen anbieten, die handwerkliche Ausbildung zu Tischler:in, Schreiner:in und Näher:in soll auch dazu dienen, dass junge Menschen nicht ihre Heimat verlassen.
Ein Zitat aus 1978 von dem kenianischen Politologen Ali Mazrui macht deutlich, in welchem Dilemma der sogenannte Globale Süden steckt: „Es ist eben nicht so einfach, der kolonialen Prägung zu entrinnen.“
Und: Nirgends in Afrika gibt es höhere Bildung ohne die koloniale Sprache, keine Verfassungstexte, keine Rechtsprechung. In vielen Ländern Afrikas kommt bis heute die Unterrichtssprache aus Europa, und wer etwas auf sich hält, redet mit seinen Kindern Englisch oder Französisch, die einheimische afrikanische Sprache ist etwas fürs Kindermädchen.
Globale Gerechtigkeit durch Nachhaltige Transformation: Alle Videos aus unserem Projekt im Überblick
Weitere Videos folgen aus unseren Projekten in der IGS Wardenburg, der OBS Uplengen, der OBS Alexanderstraße in Oldenburg und in der Freien Waldorfschule Oldenburg. Sobald weitere Beiträge veröffentlicht sind, stellen wir diese ebenfalls an dieser Stelle vor. Das Projekt läuft noch bis Dezember 2025.
Aus der IGS Flötenteich in Oldenburg
Wie wird der Welthandel gerecht? Diese Frage stellt die 11a der IGS Flötenteich Kumar Ashish, Studierender an der Uni Oldenburg, Lena Nzume, bildungspolitische Sprecherin der Grü Snen im Niedersächsischen Landtag und Bernd Siebenhüner, Professor für Ökologische Ökonomie. Juni 2025 | Themenseite
Afrika im Blick – Sosolya zu Gast. Die Sosolya Undugu Dance Academy fördert mit Musik, Tanz und Schauspiel die künstlerische und soziale Entwicklung benachteiligter junger Menschen in Kampala in Uganda und schafft eine friedvolle und nachhaltige Gemeinschaft durch Kunst. Mai 2025 | Themenseite
„Undugu“ – In Frieden vereint. Ronald Ssemaganda aus Uganda, Keti Kajumba, Doktorandin an der Universität Oldenburg, und Annegret Meyer, Mitglied der Schulleitung der IGS Flötenteich in Oldenburg, im Gespräch mit Jamelia aus der 11a über Globale Gerechtigkeit. Mai 2025 | Themenseite
Sosolya aus Uganda in Oldenburg. Für die Gäste der IGS Flötenteich aus Uganda waren die Worte von Bürgermeisterin Petra Averbeck bei der Eintragung in das Goldene Buch der Stadt mehr als nur Symbolik; sie waren das herzliche Willkommen in Einer Welt. Mai 2025 | Themenseite
Aus der IGS Wilhelmshaven
Vom Reichtum des globalen Südens. Globale Gerechtigkeit II – Die IGS Wilhelmshaven fragt nach Ausbeutung und Raub von Ressourcen. Der Süden ist nicht nur reich an Bodenschätzen und Ressourcen, sondern auch an einer großen Vielfalt von Kulturen, Sprachen, Völkern und Traditionen. Juni 2025 | Themenseite
Nepal – Mehr als der Himalaya. Kumar Ashish aus Nepal zu Gast in der IGS Wilhelmshaven. Kumar fordert, dass die Wertschöpfung im Land stattfinden muss. Er gibt das Beispiel der Yakwolle, die in die USA exportiert wird, anstatt dass sie im Land verarbeitet und verkauft wird. Juni 2025 | Themenseite
Togo – Westafrika im Blick. Pita Hermann Katchao berichtet in der IGS Wilhelmshaven über die ehemals deutsche, später französische Kolonie. „Nicht alle Finger sind gleich. Der Norden entlässt uns nicht in unsere Selbständigkeit. Warum müssen wir in Togo französisch sprechen?“ Juni 2025 | Themenseite
Kamerun – Die Kolonialzeit wirkt nach. Jan Fomboh aus Kamerun berichtet in der IGS Wilhelmshaven. Dort schwelt die „anglophone Krise“ zwischen dem frankophonen Zentralstaat und den kleineren anglophonen Landesteilen und eskalierte 2017 in bewaffnete Auseinandersetzungen. Juni 2025 | Themenseite
Globale Gerechtigkeit – Netzwerkprojekte schulübergreifend
Globalisierung gegen Klima. Axel Friedrich, früherer Leiter der Verkehrsabteilung des Umweltbundesamts, hat an der Aufdeckung vieler Skandale der globalen Industrie mitgearbeitet. Heute berät er Umweltverbände und Regierungen: Was für Zukunft und Globale Gerechtigkeit nötig ist. August 2025 | Themenseite
Klimaschutz als globale Aufgabe. „Der Schrecken der Autoindustrie“ – Dr. Axel Friedrich, ehemaliger Leiter der Verkehrsabteilung des Umweltbundesamtes, über Industrie und globale Verantwortung. Am Brennpunkt Wilhelmshaven wird deutlich, was Verantwortung vor Ort bedeutet. August 2025 | Themenseite
Die Sendereihe
Werkstatt Zukunft produziert monatlich eine TV-Sendereihe, die bei Oldenburg eins und bei weiteren Bürgersendern ausgestrahlt wird. Über unsere Website und unseren YouTube-Kanal sind unsere Videos zeitlich und räumlich unbegrenzt zu sehen.
Förderer „Globale Gerechtigkeit durch Nachhaltige Transformation“
Gefördert durch Engagement Global... | Website
...mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung | Website
...und durch die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung | Website
Werkstatt Zukunft in Kooperation mit Schulen in Oldenburg und im Umland sowie mit Oldenburg eins und weiteren Bürgersendern.