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Versöhnung als Motivation für Friedensarbeit
Frauke Siedenburg als Traumapädagogin und Mediatorin weltweit im Einsatz – Aus unserem Projekt Friedensbildung in Schule
Frauke Siedenburg war als Traumapädagogin und Mediatorin für die katholische Organisation für internationale Zusammenarbeit „Agiamondo“ im Süd-Sudan und in Guatemala tätig – Länder, in denen seit Jahrzehnten Krieg oder Bürgerkrieg herrscht. Aus der internationalen Friedens- und Solidaritätsarbeit kennt sie aber auch El Salvador, Nicaragua und Mexiko.
In unserem Projekt „Friedensbildung in Schule“ stellen wir Friedensfachkräfte vor, die ihre internationale Erfahrung in Schulen in Niedersachsen einbringen.
Friedensbildung an Schulen – Das Projekt
Dieses Interview ist im Rahmen eines Projektes von Werkstatt Zukunft entstanden, das wir gemeinsam mit Friedensfachkräften und der Koordinierungsstelle Friedensbildung beim NLQ (Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung) in der Tellkampfschule in Hannover durchgeführt haben mit dem Ziel, Schüler:innen in der schulischen Auseinandersetzung mit Krisen und Konflikten, sicherheitspolitischen Fragen und deren friedlichen Bearbeitung zu informieren und zu stärken. Mehr dazu und eine Übersicht über alle Beiträge | Themenseite Gesamtprojekt
Frauke Siedenburg – Für Versöhnung weltweit im Einsatz
Frauke Siedenburg ist Diplom-Pädagogin mit Zusatzausbildungen in Mediation und Traumapädagogik. Nach einer langjährigen Tätigkeit in der Sozialen Arbeit in Deutschland war sie als Friedensfachkraft mit AGIAMONDO von 2010 - 2013 im Südsudan und von 2017 - 2018 in Guatemala. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit waren Konfliktlösung und Geschichtsbewältigung.
Von Emma und Mira aus dem 11. Jahrgang der Tellkampfschule in Hannover nach ihrer Motivation gefragt, spricht sie davon, dass ihr Vater als Panzerfahrer in Russland im Einsatz war und dass Arbeit für Versöhnung ein wesentlicher Antrieb für sie als Teil der Nachkriegsgeneration war und ist. So kennt sie viele Länder Zentralamerikas aus einem langen Engagement in der Friedens- und Solidaritätsarbeit.
Auf die Frage, was sie der heutigen jungen Generation mitgeben will, weist sie auf das Motiv der „Menschheitsfamilie“ hin, das auch in die Zukunft hinein zu Engagement inspirieren kann.
Frauke Siedenburg im Gespräch
Frauke hat uns auch einen eigenen Text über ihr Engagement geschickt, den wir hier gerne wiedergeben – dazu auch zwei Fotos:
Ich möchte mich, was mein internationalistisches Engagement anbelangt, kurz vorstellen.
Es begann, vermute ich, mit der Geschichte meines Vaters als Soldat im zweiten Weltkrieg in Russland, wo ca. 27 Millionen russische Menschen starben. Männer gehen oft nicht freiwillig in den Krieg, aber der Krieg ist immer auch Leid und Tod für alle Seiten.
Und als Studentin saß ich vor dem Fernseher und sah die vielen grausamen Bilder vom Vietnamkrieg, der erst 1975 nach knapp 20 Jahren endete.
Das war prägend.
Es folgten Jahre der Solidaritätsarbeit. Ich war Teil der Solidaritätsbewegung Zentralamerikas, insbesondere El Salvador und Nicaragua. El Salvador besuchte ich während der Jahre des Aufstands der Bevölkerung gegen die Militärregierung (in den 80ger Jahren). Hier in Hamburg, meiner Stadt, in der ich lebe, machten wir viele Kampagnen gegen den Kaffeehandel, dessen Erlös auch der Regierungsjunta zu Gute kam.
Als der Aufstand in Nicaragua 1979 erfolgreich war, feierten wir und glaubten an eine sehr viel bessere Zukunft für die Bevölkerung.
Kurz nach dem Sieg der Sandinisten finanzierte die USA die Contra, eine Armee, die viele Menschen ermordete. Aus dem Grund gingen wir zur Unterstützung nach Nicaragua und waren dort Erntehelfer bei der Kaffeeernte, um durch unsere internationale Anwesenheit die Kooperativbauern zu schützen. Ich war dort zum Jahreswechsel 1982/1983.
Unsere Hoffnung auf eine positive Entwicklung in Nicaragua hat sich später, 2018, nicht bewahrheitet. Viele Menschen, besonders junge Menschen, flohen vor dem Regime Ortegas. Ich habe hier in Hamburg bis zur Erteilung eines Asyls ein nicaraguanisches Paar begleitet. Wir sind sehr gute Freunde geworden.
Ja, und dann war ich noch mit Carea, einer Organisation, die unter anderem in Mexico, Chiapas, Bauern in ihren Dörfern durch ihre bloße Anwesenheit schützt, in der Nähe San Christobal de las Casas. Das war in den 90ger Jahren.
Ach, ich bin ja schon etwas älter.
Ich war auch im Rahmen von Solidaritätsarbeit in Kurdistan , Diyarbakir und später im Irak in Machmur.
Es gäbe noch viel mehr zu erzählen, aber ich will hier mal enden.
Das alles war dann bevor ich als zivile Friedensfachkraft von 2010 bis 2013 in den Südsudan ging und von 2016 bis 2018 nach Guatemala. Hier spielte dann eine Rolle, dass ich Erziehungswissenschaft studiert hatte und sehr viele Jahre in der Sozialarbeit tätig war. Dazu kamen Ausbildungen zur Mediatorin und Traumapädagogin. Das waren dann auch in den beiden Ländern meine Tätigkeitsschwerpunkte.
Wenn ich zurückdenke, so war zwar einiges beschwerlich und es gab auch Situationen, die beängstigten, aber ich möchte diese Zeit nicht missen. Ganz im Gegenteil. Es waren immer intensive Zeiten mit wunderbaren Begegnungen. Und das Engagement endet auch heute nicht. Ein Engagement für Frieden, den positiven Frieden, wie Galtung ihn versteht. Also eben auch für soziale Gerechtigkeit, bei uns und anderswo.
Weiterführende Infos
Seit mehr als 60 Jahren vermittelt AGIAMONDO engagierte Menschen für die Mitarbeit bei kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen weltweit. Und wir leisten mehr: Wir beraten Organisationen zu allen Fragen der personellen Zusammenarbeit und bieten Trägern, die Freiwilligendienste anbieten, umfassenden Service. Wir qualifizieren Fachkräfte für die internationale Zusammenarbeit und begleiten sie vor und während des Einsatzes und bei der Rückkehr. Im Zivilen Friedensdienst agieren wir auch als Programmgestalter. Mehr Infos findet ihr auf der Website | AGIAMONDO
Unterrichtsangebote als Friedensfachkraft im Einsatz in Schulen beim Bildungsportal Niedersachsen | Frauke Siedenburg
Bildungsportal Niedersachsen zu Friedensbildung | Alle Referent:innen
Die Sendereihe
Werkstatt Zukunft produziert monatlich eine TV-Sendereihe, die bei Oldenburg eins und bei weiteren Bürgersendern ausgestrahlt wird. Über unsere Website und unseren YouTube-Kanal sind unsere Videos zeitlich und räumlich unbegrenzt zu sehen.
Projektpartner:innen und Förderer
Unser Projekt zu „Friedensbildung in Schulen“ führen wir gemeinsam mit niedersächsischen Friedensfachkräften und der Koordinierungsstelle Friedensbildung beim NLQ (Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung) in der Tellkampfschule in Hannover durch. Gefördert durch
Werkstatt Zukunft in Kooperation mit der Tellkampfschule Hannover sowie mit Oldenburg eins und weiteren Bürgersendern.