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THEMEN > FRIEDEN – GERECHTIGKEIT – EINE WELT

Frieden – Sicherheit? Auch eine Weihnachtsbetrachtung

Von Andreas Büttner, Dezember 2015

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Wir haben vor Kurzem die menschenverachtenden Anschläge von Paris erlebt und unzählige andere überall in der Welt im Laufe des Jahres, das nun zu Ende geht. Manch einer fragt sich, was noch kommen wird.

Angst und Chaos wollen die Terroristen verbreiten, unzählige Menschen sind schon jetzt auf der Flucht vor ihnen und ihrer Herrschaft und suchen Schutz bei uns. Militärische Gegengewalt, die sie damit provozieren und die so oft unschuldige Zivilisten trifft, treibt ihnen junge Menschen in die Arme – das Kalkül der Terroristen geht auf. Wie kann es da Frieden geben – Sicherheit?

Was ist überhaupt Sicherheit? Sicherheit ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen – in Frieden leben mit unseren Nachbarn. Dabei ist Unsicherheit eine Grundtatsache unseres Daseins. Nicht nur im Straßenverkehr fehlt die Sicherheit, auch im Haushalt passieren viele Unfälle, vom Sport gar nicht zu reden. Arbeitsverhältnisse, Freundschaften, Beziehungen: überall ist Sicherheit eher Wunsch als Realität.

Um so mehr stellt sich die Frage, wo wir dann Sicherheit in unserem Leben finden können. Selbstverständlich sind wir aufgerufen, die Lebensverhältnisse in unserem jeweiligen Umfeld – lokal, regional und global – lebensfreundlich zu gestalten: das ist unsere Verantwortung, die untrennbar zu unserer Freiheit als Menschen gehört.

Dabei sollten wir aber nicht aus dem Auge verlieren, dass es Sicherheit und Geborgenheit letztlich nur in der Welt gibt, die wir verlassen haben, als wir in unser Erdenleben eingetreten sind und in die wir einst zurückkehren werden. Diese Sphäre steht uns aber auch jetzt – mitten in unserem Leben – in Gedanken, vielleicht auch im Gebet, in der Meditation offen. Und sie teilt sich mit in der Zuwendung und Liebe, die wir einander schenken.

In dieser Zeit der Erschütterungen denke ich an den Theologen Dietrich Bonhoeffer als einen Menschen, der Zugang zu dieser Sphäre der Sicherheit und des Friedens gefunden hat – unter den Bedingungen der Haft in den Kerkern der Nationalsozialisten. Zu Weihnachten 1944 – es sollte das letzte Weihnachtsfest seines Lebens werden – schickt er seiner Verlobten in einem Brief den Text, den ich dieser Weihnachtsbetrachtung mitgeben möchte, und fügt hinzu:

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„So habe ich mich noch keinen Augenblick allein und verlassen gefühlt. Du und die Eltern, Ihr alle, die Freunde und Schüler im Feld, Ihr seid immer ganz gegenwärtig. […] Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt: ‚zweie, die mich decken, zweie, die mich wecken‘, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsene heute nicht weniger brauchen als die Kinder.“

In diesem Sinne wünsche ich allen unseren Leser*innen eine Kraft schenkende Weihnachtszeit und Zuversicht für das Neue Jahr. Vielleicht sind die Zeilen Bonhoeffers – der seine Mitarbeit im Widerstand gegen die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten mit dem Leben bezahlt hat – eine Ermutigung für vielfältiges Engagement,

Ihr Andreas Büttner

Titelfoto Pixabay CCO | Dietrich Bonhoeffer mit Schülern (ca. 1933) Bundesarchiv CC-BY-SA 3.0

Von guten Mächten

Von guten Mächten treu und still umgeben,
Behütet und getröstet wunderbar,
So will ich diese Tage mit euch leben
Und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
Noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach, Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
Das Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
Des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
So nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
Aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
An dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
Dann wolln wir des Vergangenen gedenken
Und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
Die du in unsre Dunkelheit gebracht.
Führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
So lass uns hören jenen vollen Klang
Der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
All deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
Erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer


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